Grenzen der Ethik
... warum Ethik die Welt nicht notwendigerweise besser macht

Deutschland in einer neuen Zeit. Menschen werden gejagt und gesucht, weil sie Schweife tragen. Schweifträger werden durch Gassen getrieben und auf Lastern verladen verschleppt.

Nun passiert es, dass die Schweifträger Suchtrupps, kurz SS vor Deiner Türe stehen und fragen, ob Du ein Schweifrträger bei dir versteckt hälst. Was tust Du?

Immanuel Kants KI besagt unter anderem, dass man unter keinen Umständen lügen soll1 . Nach dem KI sollte man nun die Wahrheit erzählen und sagen, ob man jemanden bei sich versteckt hält oder nicht.

Auf den ersten Blick mag es grausam erscheinen und vlt auch sein. Denn wenn man jemanden wirklich versteckt hält, wäre er so ausgeliefert. Kommt aber der SS-Jemand bei einem vorbei und merkt, dass er belogen wird, dann könnten die Konsequenzen am Anfang verheerend sein. Es könnte das passieren, was heute schon Praxis der Polizei ist: Haben Sie X oder Y dabei oder konsumiert? Nein. Dann sollten Sie nichts dagegen haben, kontrolliert zu werden. Alle Häuser würden dann kontrolliert werden und somit auch die gefunden werden, bei deren Häuser die SS-Jemande gar nicht gefragt hätten. Es gibt also Vorteile, wie auch Nachteile.

Ethische Systeme können, nach meiner Einschätzung, nicht perfekt sein. Und sie können, und darum geht es hier, unethische Zustände nicht verhindern, bzw provozieren diese manchesmal auch.

So kann man argumentieren, dass es für die Allgemeinheit gut sei, dass es Tierversuche gibt in welchen Medikamente und chirurgische Eingriffstechniken studiert werden, um einer Vielzahl an Menschen und Haustieren einen Nutzen zu erweisen. Ja, man könnte sogar argumentieren, dass Zwangsprostitution von Erwachsenen und Kindern der Allgemeinheit nütze, weil damit am Ende wenige Menschen dafür sorgen, dass alle Mensche ihre Triebe ausleben. Keine schöne Vorstellung2 für die Betroffenen!

Egal welches ethische Prinzip: Ethik kommt häufig dann ins Spiel, wenn es widerstrebende Intressen gibt und es abzuwägen gilt, welche Interessen wie gewichtet werden - oder unter den Tisch fallen. Am Ende kommt dann eine Entscheidung raus, mit der die Beteiligten zu leben haben - auf irgendeine Weise. Sowohl mit den Vor- als auch den Nachteilen. Das wird eine Ethik nicht verhindern können.

Wenn ich als Mensch, der auf fremdes Leben zum Essen angewiesen ist um meine Energie zu bekommen die ich benötige, ein Lebewesen aufesse, sei es Pflanze oder Tier, dann zerstöre ich dieses Leben um selber leben zu können. Es entsteht ein Konflikt. Und solche Konflikte gibt es zuhauf in diversen Bereichen. Und das kann Ethik nicht verhindern. Bestenfalls findet man für sich eine Rechtfertigung, sei es eine gefühlte, emotionale Rechtfertigung, oder sei es eine mit Logik hergeleitete Rechtfertigung3 .

Leid und Elend würden dann immer noch existieren, aber man würde sich nicht mehr darum bemühen, da jeder für sich eine Antwort hat, warum das OK ist - oder es gäbe widerstrebende Interessensgruppen, die verschiedenes wollen und sich dafür stark machen. Letzteres ist genau das, was wir heute haben: Es gibt Gruppen die Tierversuche unterstützen im Namen des Allgemeinwohl - und es gibt Gruppen gegen Tierversuche im Namen des Tierwohl; Es gibt Gruppen für legalen Drogenkonsum damit Menschen nicht mehr kriminalisiert werden, nur weil sie was konsumieren - und es gibt Gruppen gegen Drogen, um die Menschheit vor dem Verderben zu retten.

Man wird nicht verhindern können, dass es Konflikte gibt die man auf die eine oder andere Weise zu lösen hat. Sie gehören zum Menschsein dazu. Man kann lernen, mit ihnen zu leben und umzugehen. Ethische Systeme können dazu führen, dass es etwas weniger Nachteile gibt, oder Nachteile ausgewogen sind - können aber ebenso dazu führen, dass das Leid gerechtfertigt wird und man stumpf wird für das Leid und Elend anderer. Ethik ist daher ein zweischneidiges Schwert, mit dem man hantiert.

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1 Ich sehe nicht zwingend einen logischen Widerspruch, den Kant zu fordern scheint, oder ein Verletzen von Naturgesetzen, wenn man lügt. Am Ende, wenn alle lügen würden, wäre der Gegenteil der Fall: Wenn jemand foo sagt, weiss man, dass er bar meint. Es gelte dann einfach das Gegenteil und Nachteile des Lügens wären geglättet.

Wie in der Geschichte, die mir einst zugetragen wurde. In dieser geht um zwei Zwillinge die an einer Weggabelung stehen, jeweils einer der den anderen dann ablöst. Einer der Zwei lügt immer, der andere nie. Wie kann man nun mit einer Frage den richtigen Weg heraus finden, egal bei welchem der Beiden? Was würde dein Bruder sagen, wie man nach X kommt? An genommen, der lügende Bruder steht vor einem, dann würde dieser lügen und sagen, was er selber sagen würde, wie man nach X kommt - und das wäre dann gelogen. Angenommen, der wahrheit-sagende Bruder steht vor einem, dann wäre dieser ehrlich und würde sagen, was sein lügender Bruder erzählen würde - und dies wäre ja eine Lüge, die sein Bruder erzählen würde. Man weiss so immer, dass man das Gegenteil machen sollte um nach X zu kommen.

2 Und nach dem KI auch nicht zu rechtfertigen, da es zu logischen Widersprüchen kommen würde.

3 Wobei ich dies im Zweifel schlimmer fände, da ich dann im schlimmsten Fall eine an sich vernünftige Entscheidung treffe, zB einen Bankräuber zu erschiessen um andere Leben zu retten, aber emotional damit vlt nicht klar komme und darunter leide.