Wunde Hunde tragen Kragen
...Erfahrungen und Tipps zur Halskrause von Migo und Martin

(Foto von Martin)
Schutzkragen, Halskrause, Lampenschirm, Radarschüssel: Es gibt viele Bezeichnungen für das, was man Hunden mit einer Verletzung oder Operationswunde über den Kopf stülpt. Geometer sprechen stattdessen von der Mantelfläche eines Kegelstumpfes, dessen kleinster Radius am Hals anliegt und der sich in Richtung Nasenspitze öffnet.
Den Kragen legt man Hunden allerdings nicht an, damit diese sich durch Beschäftigung mit den spannenden mathematischen Eigenschaften eines Kegelstumpfes von ihrer Wunde ablenken können. Viel mehr geht es darum, dem Hund bei Gesichtswunden das Kratzen und bei Wunden an Körper oder Extremitäten das Lecken daran unmöglich zu machen.
Risiken und Gegenwirkungen
Mein Hund Migo stieß mit seinem Kragen an Laternen, Wände, Bordsteine, Türrahmen, Zäune, Schränke, Stühle, Bäume, Menschen und den Erdboden. Nimm deinem Hund so etwas nicht übel. Er ist nicht darauf eingestellt, plötzlich viel breiter zu sein. Zu sehen ist der Rand des Halskragens für ihn schlecht. Hinzu kommt, dass Hunde im Kopfbereich normalerweise zum genauen Abstandhalten Tasthaare nutzen. Der Schutzkragen beraubt sie der Unterstützung durch dieses Sinnesorgan.
Tipp: Beseitige Hindernisse, bringe Topfpflanzen in Sicherheit, schütze wertvolle Möbel und halte beim Spazieren stets einen Sicherheitsabstand zu parkenden Autos. Schön wäre ein schonendes Material an der Kante der Halskrause. Beim Modell meines Hundes ließ sich so etwas wegen des Wellenschnittes (siehe Abbildung 1) leider schlecht anbringen. Ich wollte den Kragen auch nicht frontlastiger machen.
Offensichtlich und mit voller Absicht behindert der Schutzkragen das Kratzen und Lecken des Hundekörpers. Juckende Stellen zu kratzen sowie sich zu reinigen ist aber wichtig für Hunde und ihre Gesundheit und abgesehen von der wunden Stelle ein berechtigtes Anliegen. Achtung: Beim Versuch, das eigene Hinterteil zu lecken, können intakte Rüden sich mit einer Portion Pech und der Kante der Halskrause den Hodensack verletzen.
Tipp: Kraule deinen Hund am ganzen Körper – auch an Stellen, wo du es sonst vielleicht kaum tust wie am Hinterteil oder im Gesicht, wenn es ihm recht ist. Säubere seinen Po, wenn ihr vom Spaziergang zurückkommt und dein Hund Kot abgesetzt hat. Auch wenn er zwischendurch in Richtung seines Hinterteils schnüffelt, kann eine Reinigung nötig sein: Die Analdrüsen haben vielleicht Sekret abgesondert.

(Foto von brx0, CC BY-SA 2.0)
Näpfe, mit denen dein Hund normalerweise super klarkommt, können mit dem Kragen leicht umgeworfen werden, vor allem wenn sie oben einen nach außen gebogenen oder gebördelten Rand haben, unter den der Kragen beim Anheben des Kopfes haken kann. Vorsicht ist auch geboten, wenn du deinem Hund einen Teller oder flachen Napf in den Kragen hältst: Hunde reißen ihren Kopf beim Fressen manchmal nach oben, um einen Brocken in den Rachen zu werfen. Der Kragen kann dabei von unten gegen den Teller schlagen und den Teller gegen die Schnauze.
Tipp: Achte vor allem am Anfang darauf, dass dein Hund ans Wasser gelangt und wirklich trinkt. Bei meinem Hund haben sich Näpfe als umstoßsicher erwiesen, die in etwa wie ein Vulkan mit weiter Caldera geformt sind (siehe Abbildung 2). Darunter fängt bei mir eine Schuhablage Wasser auf, das dennoch daneben geht. Wenn es mit dem Essen nicht so gut klappt, kannst du deinen Hund vielleicht häppchenweise füttern.
Apropos kulinarische Genüsse: Hunde kleckern nicht nur mit Wasser herum, sie sabbern außerdem. Wenn dein Hund auf seiner Decke im Körbchen, auf dem Teppich oder im Bett liegt, wird die Flüssigkeit normalerweise weggeführt. Anders ist das mit einem Schutzkragen aus Kunststoff. Zwischen Kinn und Kragen kann es beim Liegen zu unangenehmer Staunässe kommen.
Tipp: Trockne den Kragen regelmäßig von innen, insbesondere nach der Nahrungsaufnahme. Mit saugfähigem Zellstoff kannst du auch die Unterseite der Schnauze selbst trocknen, sodass sie nicht zum permanenten Feuchtgebiet wird.
Wenn Hunde an einem Stock nagen oder mit einem Quietschetier spielen, halten sie es gern mit den Pfoten und knabbern mit der Schnauze. Der Kragen verhindert es: Schnauze oder Pfoten, beides geht nicht. Vielleicht kannst du deinem Hund eine helfende Hand leihen?
Rüden haben es schwerer
Als Rüde trägt mein Hund Migo mit dem Kragen eine größere Last als Hündinnen, denke ich. Warum? Weil Rüden zum Pinkeln ganz dicht an Bäumen, Masten und ähnlichen Strukturen vorbeistreifen, um mittendrin innezuhalten, ihr Bein zu heben und ihre Markierung zu setzen. Schon im Ansatz bleiben sie dabei mit dem Schutzkragen leicht am anvisierten Objekt hängen.
Nachdem Migo seinen Kragen umgelegt bekam, stieß er zunächst bei zig Versuchen, zu urinieren, an und brach so zurückgestoßen jedes Mal ab. Irgendwann war er sehr frustriert. Glücklicherweise fand er dann doch einen Weg, wobei er mit dem Kragen mit Vehemenz am Pfahl entlang schrammt, um nah genug zum Markieren heranzukommen. Ganz schön rabiat …
Tipp: Gib deinem Rüden genügend Zeit, seine Blase zu entleeren. Vor allem am Anfang kann es dauern, bis er den Dreh heraus hat. Vielleicht gibt es bei euch auch geeignete Stellen wie große Grasbüschel oder Maulwurfshügel, an denen dein Hund nicht hängenbleibt, die aber interessante Stellen fürs Setzen einer Marke sind. Ihr könntet sie bevorzugt ansteuern.
Alternativen und ein Aber

(„Königin Elizabeth I. füttert die niederländische Kuh“, Maler unbekannt, circa 1586)
Im Handel finden sich allerlei Alternativen zur ziemlich starren Halskrause aus Kunststoff. Es gibt beispielsweise Kegelstümpfe aus weichem Material und aufblasbare Ringe. Für Hunde, die mit dem Schutzkragen vom Tierarzt nicht klarkommen, könnte das einen gangbaren Ausweg bedeuten. Doch Vorsicht ist geboten: Der Kragen muss zum Hund und seiner Verletzung passen.
Ein Schutz, der das Lecken am Bauch wirksam verhindert, kann komplett ungeeignet sein, um das Kratzen am Auge zu unterbinden. Lass dich daher nicht von positiven Bewertungen in die Irre führen, selbst wenn sie authentisch sind. Sprecht einen Wechsel des Kragens am besten mit eurem Tierarzt ab. Die gute Absicht, das Tier von seiner Bürde zu befreien, kann sonst dazu führen, dass sie länger getragen werden muss, weil eine Wunde wieder aufreißt.
Allen angeschlagenen Hunden eine gute Besserung!