Eine kleine Menschenkunde

Jaque Brel war ein französischsprachiger Sänger der in Belgien geboren wurde und aufwuchs. In diesem Lied hier (Diese Leute da) liefert er eine kleine Menschenkunde. Er beschreibt eine Familie und deren Mitglieder, und deren Zwiespältigkeit. Der Säufer der sich für einen Herrn hält aber arschig auftritt, der möchtegern Schönling mit seinen diversen Beziehungen, die alte Mutter mit ihrem Moralapostel Gehabe die gar nicht so moralisch ist. Es geht um eine unerfüllte Liebe, eine Tochter die sich ihrer Familie nicht entziehen kann oder will und einen Freund, der von deren Familie nicht angenommen wird.

Schwierig zu übersetzen ist dieser wie andere Texte von Brel da er sehr umgangssprachlich schreibt. ZB anstelle von Il faut steht nur fau. Oder er verwendet doppeldeutige Worte wie compter: compter sur = auf jemanden zählen (zB dass er bald stirbt), compter = etwas zählen (zB wieviel Geld jemand besitzt). Aber auch causer: causer = etwas verursachen (zB Leid und Drama), causer = plaudern (zB miteinander reden). Oder Avec presque pas de murs: Beinahe keine Mauern kann sich sowohl auf die sozialen Grenzen und Mauern beziehen, aber auch einen architektonischen Stil. Ein offenes Haus, auf das Brel sich bezieht, kann also zweierlei meinen: ein offenes Haus in das Licht eindrinken kann; aber auch ein offenes Haus ohne soziale Einschränkungen. Ebenfalls schwierig zu übersetzen ist Monsieur, ein Sie, nicht zu verwechseln mit Herr in einem religiösen Sinne. Der Zuhörende wird immer wieder angesprochen, so zB mit der Wiederholung Faut vous dire Monsieur / Que chez ces gens-là / On .. on ... Der MOnsieur ist der Zuhörer dem man was sagen sollte, etwas über diese Leute dort und was die tun.

Diese Aussen hui - innen pfui- Mentalität, nach aussen hin sich schön geben und nach innen das Hässliche leben, das lässt sich bis dieser Tage finden. ZB die ehrenwerte Familie mit gut gebildeten Eltern und Kindern aus denen Beamte wurden, und einem homosexuellen Kind für dieses man sich schämt. Oder der nette Papa der zur Bank arbeiten geht tagsüber, und abends zu den Nutten rennt oder Mama haut. Hinter den Fassaden des bürgerlichen Daseins verbirgt sich so manches Scheussliche. Und das wird in diesem Lied von Brel zum Ausdruck gebracht.

D'abord il y a l'aîné
Lui qui est comme un melon
Lui qui a un gros nez
Lui qui sait plus son nom
Monsieur tellement qui boit
Ou tellement qu'il a bu
Qui fait rien de ses dix doigts
Mais lui qui n'en peut plus
Lui qui est complètement cuit
Et qui se prend pour le roi
Qui se saoule toutes les nuits
Avec du mauvais vin
Mais qu'on retrouve matin
Dans l'église qui roupille
Raide comme une saillie
Blanc comme un cierge de Pâques
Et puis qui balbutie
Et qui a l'œil qui divague
Faut vous dire Monsieur
Que chez ces gens-là
On ne pense pas Monsieur
On ne pense pas on prie

Zuerst gibt es den Ältesten;
Er, der wie eine Melone aussieht;
Er, der eine grosse Nase hat;
Er, der seinen Namen nicht mehr weiss;
der Herr dermassen dass er sauft;
Oder dass er gesoffen hat;
Der nichts tut;
Aber er, der nichts dafür kann;
Er, der ganz ausgebrüht ist;
Und sich für den König hält;
Der sich betrinkt die ganze Nacht;
Mit schlechtem Wein;
Den man aber morgens auffindet;
In der Kirche die pennt;
Steiff wie ein Vorsprung;
Weiss wie eine Osterkerze;
Und danach, der stammelt;
Und er, der fantasiert;
Man sollte ihnen sagen;
Dass bei diesen Leuten da;
Man glaubt es nicht;
Man glaubt nicht dass die beten;

Et puis, il y a l'autre
Des carottes dans les cheveux
Qu'a jamais vu un peigne
Ouest méchant comme une teigne
Même qu'il donnerait sa chemise
A des pauvres gens heureux
Qui a marié la Denise
Une fille de la ville
Enfin d'une autre ville
Et que c'est pas fini
Qui fait ses petites affaires
Avec son petit chapeau
Avec son petit manteau
Avec sa petite auto
Qu'aimerait bien avoir l'air
Mais qui n'a pas l'air du tout
Faut pas jouer les riches
Quand on n'a pas le sou
Faut vous dire Monsieur
Que chez ces gens-là
On ne vit pas Monsieur
On ne vit pas on triche

Und dann gibt es den Anderen;
Mit roten Haaren;
Die niemals einen Kamm sahen;
Der böse ist wie eine Schlange;
Und sogar sein Hemd gäbe;
An die armen Menschen die sich freuen;
Der Denise heiratete;
Ein Mädchen aus der Stadt;
Schliesslich von einer anderen Stadt;
Und das ist nicht alles;
Der seine kleinen Beziehungen unterhält;
Mit seinem kleinen Hut;
Mit seinem kleinen Mantel;
Mit seinem kleinen Auto;
Der es mögen würde Eindruck zu erwecken;
Der aber überhaupt keinen Eindruck macht;
Man sollte nicht den Reichen spielen;
Wenn man keinen Cent hat;
Man sollte Ihnen sagen;
Dass bei diesen Leuten da;
Man lebt nicht;
Man lebt nicht sondern betrügt;

Et puis, il y a les autres
La mère qui ne dit rien
Ou bien n'importe quoi
Et du soir au matin
Sous sa belle gueule d'apôtre
Et dans son cadre en bois
Il y a la moustache du père
Qui est mort d'une glissade
Et qui recarde son troupeau
Bouffer la soupe froide
Et ça fait des grands flchss
Et ça fait des grands flchss
Et puis il y a la toute vieille
Qu'en finit pas de vibrer
Et qu'on attend qu'elle crève
Vu que c'est elle qu'a l'oseille
Et qu'on écoute même pas
Ce que ses pauvres mains racontent
Faut vous dire Monsieur
Que chez ces gens-là
On ne cause pas Monsieur
On ne cause pas on compte

Und dann gibt es die Anderen;
Die Mutter die nichts sagt;
Oder auch irgendwas;
Und morgens bis abends;
Mit ihrem Moralapostel-Geschwätz;
Und in ihrem Holzrahmen;
Gibt es einen Schnauzer vom Vater;
Der starb in einem Ausrutscher;
Der seine Herde anschaut;
Schlürft seine kalte Suppe;
Und das grosse Schlürfer macht;
Und das grosse Schlürfer macht;
Und gibt es die ganz Alte;
Die nicht aufhört zu zittern;
Und man wartet dass sie krepiert;
Sieht dass es sie ist, die Kohle hat;
Und man nicht mehr hört;
Was die armen Hände erzählen;
Man sollte Ihnen sagen;
dass bei diesen Leuten da;
Man plaudert nicht;
Man plaudert nicht, man rechnet;

Et puis et puis
Et puis il y a Frida
Qui est belle comme un soleil
Et qui m'aime pareil
Que moi j'aime Frida
Même qu'on se dit souvent
Qu'on aura une maison
Avec des tas de fenêtres
Avec presque pas de murs
Et qu'on vivra dedans
Et qu'il fera bon y être
Et que si c'est pas sûr
C'est quand même peut-être
Parce que les autres veulent pas
Parce que les autres veulent pas
Les autres ils disent comme ça
Qu'elle est trop belle pour moi
Que je suis tout juste bon
A égorger les chats
J'ai jamais tué de chats
Ou alors y a longtemps
Ou bien j'ai oublié
Ou ils sentaient pas bon
Enfin ils ne veulent pas
Parfois quand on se voit
Semblant que c'est pas exprès
Avec ses yeux mouillants
Elle dit qu'elle partira
Elle dit qu'elle me suivra
Alors pour un instant
Pour un instant seulement
Alors moi je la crois Monsieur
Pour un instant
Pour un instant seulement
Parce que chez ces gens-là
Monsieur on ne s'en va pas
On ne s'en va pas Monsieur
On ne s'en va pas
Mais il est tard Monsieur
Il faut que je rentre chez moi

Und dann;
Und dann gibt es Frida;
Die schön wie eine Sonne ist;
Und die mich genauso liebt;
So wie ich Frida liebe;
Und man sagt sich of;
Man wird ein Haus haben;
Mit vielen Fenstern;
Und kaum Mauern;
Und man wird drin leben;
Und es wird gut sein dort;
Und dass das gar nicht gesagt ist;
Aber es ist dennoch vielleicht;
Weil die Anderen nicht wollen;
Weil die Anderen nicht wollen;
Die Anderen die sagen das einfach so;
Dass sie zu gut ist für mich;
Dass ich einfach zu gut;
Einer Katze die Kehle zu durchschneiden;
Ich habe niemals eine Katze getötet;
Oder also vor langer Zeit;
Oder gut möglich dass ich es vergass;
Oder sie schmeckten nicht gut;
Schlussendlich sie wollten nicht;
Manchmal wenn man sich sieht;
Scheint es nicht so klar zu sein;
Mit ihren feuchten Augen;
Sagt sie dass die gehen wird;
Sagt sie dass sie mir folgen wird;
Nun, für einen Moment;
Für einen Moment nur;
Nun ich glaube ihr;
Für einen Moment;
Für einen Moment nur;
Weil diese Leute da;
Man haut da nicht ab;
Man haut da nicht ab;
Man haut da nicht ab;
Aber es ist spät;
Ich muss nach Hause gehen.

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