SozioDogs

Dieser Tage fiel mir was auf, worüber ich mir schon vor etwas über 10 Jahren Gedanken machte.

Es ergab sich, dass wir (ich mit Hund) auf ein anderes Mensch-Hund Gespann traffen. Jener Hund - etwa ein Jahr alt - machte sich daran, meinem Hund auf den Kopf zu steigen, aufgeregt ihn anzurempeln, und dergleichen Spässe. Insgesamt wirkte er welpenhaft: Die Motorik war kaum kontrolliert, das Verhalten an vielen Stellen übergriffig. Die Besitzer gehen sehr wohl in die Welpenspielgruppe, bzw gingen - als er 8 Wochen jung war. Meiner knurrte und schnappte nach diesem.

Münzen wir die Situation auf Menschen um. Die Eltern gehen mit ihrem etwa 12-13 Jahre jungen Kind - ab da tritt auch bei Menschen die Geschlechtsreife ein, bei dem Hund war es um 1 Jahr herum - auf Besuch. Das Kind stürmt auf die Gastgeber zu, setzt sich bei denen auf die Schulter, und knutscht die. Was würde passieren? Ich würde zB stinksauer werden, da ich es nicht wollte.

Genau das tat mein Hund: er knurrte und schnappte, um die Übergriffe abzuwehren. Es mag nun einige geben die finden, dass nur auf Aggressionsverhalten so reagiert werden darf. Ich glaube, um zu verstehen warum dem nicht so sein muss, hilft es, sich zu vergegenwärtigen, dass Aggressionsverhalten eine Antwort auf einen Störreiz ist, der einen ins Unwohlsein führt, oder in Gefahr. Auch ein Hund der bitterkalt hat, kann aggresiver reagieren da er unter Stress steht. Für meinen Hund war dieser Jungspund ein Störreiz, ein Stressor, den er abwehrte.

Die Besitzer gingen mit diesem Hund als er 8 Wochen war, in die Welpengruppe. Da sollte er doch sozialisiert sein?
Da gibt es vielerlei zu schreiben. Anfangen tu ich mit dem Alter. Mit 8 Wochen einen Hund aus der Familie heraus reissen halte ich für Tierquälerei. Es liegen mittlerweile Studien vor (zB Adam Miklosi), die zeigen, dass bis zur 20 Lebenswoche grundlegendes, soziales Lernen stattfindet, dass erst ab der 12 Lebenswoche bindungsspezifisches Verhalten auf einen bestimmten Menschen gezeigt wird. Dazu kommt, dass 1 Mal in der Woche für eine Stunde sich mit wildfremden Welpen treffen bei Weitem nicht an das herankommt, was Welpen in ihrer Familie, mit Mama, Papa, Onkel und Tanten (und daraus bestehen bei Wölfen, Dingo, Schensi- und Pariahunden die Familien!) und den anderen Welpen jeden Tag erfahren: Die Konflikte und Konfliktbewältigung, die Erwachsenen die die Welt erklären, das soziale Miteinander, all die Tausend kleinen Momente. Das kann eine Hundeschule nicht auffangen. Bestenfalls gibt es erwachsene Hunde in der Welpengrupe, die sozialkompetent den Welpen die Welt und das soziale Miteinander unter Hunden erklären; doch Standard ist das nicht, in vielen vielen Hundeschulen und Welpenspielgruppen gibt es keine erwachsenen Hunde. Man kann es sich so vorstellen, dass eine Hand voll Alkoholiker sich trifft um vom Alkohol los zu kommen. Ohne professionelle Begleitung ist dieses Unterfangen unwahrscheinlich.

Das Problem fängt beim ZüchterIn an, dass die Welpen zu früh abgegeben werden und immer noch zu viele Züchter nicht aus dem Vollen schöpfen, was die Sozialisierung angeht siehe (Weidt und Berlowitz und Prägunsspieltage). Das Problem geht dann weiter in den Hundeschulen, die nicht immer alle Bereiche abdecken.

Wie also sollen Welpen die kein Sozialverhalten können, da diese dieses erst noch zu erlenen haben, sich gegenseitig beibringen, sich sozial zu verhalten?
Keine Frage: Kontakt zu gleichaltrigen ist wichtig für Vielerlei: Gemeinsam zu spielen, sich zu beklauen, zu rennen, nicht alleine zu sein, zu lernen wo ein anderer Welpe genug hat. Aber das alleine reicht nicht aus. Der Umgang mit erwachsenen Tieren zB kann so nicht vermittelt werden. Auch Bereiche der Selbstwirksamkeit, der Psychomotorik und Körpergefühl bilden sich nicht von alleine aus.

Bereits vor vielen Jahren wurde klar, dass es eben nicht ausreicht, einen Haufen Welpen zusammen zu werfen und dann wird da wer sozialisiert - so haben Weidt und Berlowitz damals Erneuerungen angeregt und eingefügt, so in einer Blindenführhundeschule. So wurde uA auch das Konzept des Eigendynamischen Lernens eingeführt.

Es ist auch vor vielen Jahren, dass ich mir Gedanken dazu machte und fand, dass es wichtig ist, regelmässig erwachsene, sozial komptente Tiere/Hunde zu treffen, damit meine Hunde das soziale Miteinander einüben und optimieren können, dass in Hundeschulen sowohl was die unbelebten Reize angeht (Gitterböden, Leitern, Bällebad, Wackelbretter, Kreise, etc) als auch die belebten Reize (andere Tiere, Gras, Bäume, andere Hunde, Menschen, etc) es essentiell ist, in Hundeschulen mit Welpen- und Junghundegruppen eine Ecke einzurichten, reich an diesen vielen Reizen, um die Hunde erfahren und souverän zu bekommen.

Dieser Hund dem wir begegneten hatte diese Chance nicht, und ich bin mir auch nicht sicher, ob die Besitzer für solche tierpsychologischen Belange Verständnis aufbringen. Und so kam es, dass mein Hund auf diese Übergriffigkeit, die ein Jungspund in dem Alter schon abgelegt haben könnte, diesen aufs Töpfchen setzte und gerade rückte.

Ich persönlich sehe in einer solchen Siuatione die Chance was zu lernen, Lernen was die Hunde untereinander angeht, dass die Beiden lernen wie sie sich begegnen sollen, Lernen was den Menschen anlangt und sein Verständis über soziale Konflikte, Konfliktlösung und Kommunikation. Ob das die Besitzer auch so sehen, oder ob diesen der Spaziergang kaputt gemacht wurde und diese aus allen Wolken fielen, da ihr Hund ja so ein Lieber ist?

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